Sonntag, 10. August 2025

Warum ich zum traditionellen Katholiken wurde

Ich gehöre zur Generation der Millennials. Meine Kindheit und Jugend waren geprägt von Disney, Freibad/Badesee, Amerika und allem, was das Leben in NRW so ausmacht. Die Alte Messe kannte ich nicht, ebenso wenig besonders fromme Menschen. Mit Kardinal Ratzinger konnte ich nichts anfangen, und Sonntage erschienen mir eher als langweilige Tage.

Natürlich war ich katholisch – in meiner Gegend war man das von Haus aus, es sei denn, man ist zugezogen. Evangelische Christen begegneten mir fast nur unter den Spätaussiedlern, den Russlanddeutschen. Das wäre noch lange so weitergegangen, wäre nicht ein unvorhergesehenes Ereignis eingetreten, das meinen Glauben neu entfachte: Auf einer Beerdigung entdeckte ich als Jugendlicher ein Plakat einer charismatischen katholischen Jugendgruppe. Warum auch immer – ich wollte dort hingehen.

Ich begann, meinen Glauben wieder ernster zu nehmen. Ein mittlerweile verstorbener Weihbischof von Aachen weckte in mir etwas. Bald wechselte ich aufs Gymnasium, lernte den modernen Religionsunterricht kennen, machte Abitur und trat ins Priesterseminar in Münster ein. Dort begegnete ich der modernen Theologie, der Kirchenkrise, der Missbrauchskrise – und verbrachte auch Zeit in den USA.

2011 wurde mir klar, dass dieser Weg zu Ende war. Mir wurde ebenso klar, dass die Kirche in der damals vorherrschenden Form nicht überleben würde. Ich trat in eine katholische Studentenverbindung ein – liberaler als ich damals eingestellt war, konnte man kaum sein.

Doch etwas ließ mich nicht los: Man kann Gott nicht einfach aufgeben, ohne alles aufzugeben. Der Tod Gottes ist, wie Nietzsche zutreffend bemerkt, das Ende von allem:

„Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Giebt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden?“

Wenn der Grund, auf dem unsere Kathedralen stehen, und die Kultur des Abendlandes – von Lissabon bis Tschenstochau – verschwindet, ist es vorbei.

Der Zustand der Kirche heute

Die modernen Priester und Bischöfe haben oft nicht mehr den Glauben, mit dem einst der heilige Dominikus die Albigenser bekehrte, der heilige Franziskus überall in Europa Klöster gründete oder der heilige Franz Xaver bis ans Ende der Welt segelte, um Seelen zu retten.

Was bleibt, ist vielfach Gemütlichkeit, eine soziale Agenda und das Schwenken bunter Fahnen. Wer konservativer ist, lehnt das Gendern ab oder die jeweils neueste moralische Entgleisung – und das war’s dann.

Ein Glaube wie der des heiligen Paulus – der vier Schiffbrüche erlitt, fast zu Tode gesteinigt wurde und dennoch nach Rom ging, um Christus zu verkünden – ist in Vergessenheit geraten.

2017 verbrachte ich viel Zeit im Dom zu Münster. Im Sommer verließ ich die Stadt. Es reichte: Zwangsgendern an der Universität, ein grüner Zeitgeist, der alles Göttliche erstickte. Ich zog nach München. Dort ging ich zunächst öfter zur Petrusbruderschaft in der Damenstiftskirche.

2019 besuchte ich erstmals die Piusbruderschaft in München. Ich war beeindruckt: klare Sprache, tiefer Glaube, Einfachheit. Hier begegnete ich einem Katholizismus, den ich verloren geglaubt hatte – verschüttet, aber nicht erloschen.

2020 zog ich wieder in die Gegend von Aachen und ging nun regelmäßig zur Piusbruderschaft. Seit 2022 besuche ich ausschließlich die Alte Messe.

Warum die Tradition

Mein Weg zur Tradition hat nichts mit einer Vorliebe für Dreiteiler, einem antiquierten Sprachstil oder dem romantischen Bild eines 19.-Jahrhunderts zu tun. Es geht vielmehr darum, dass ich in der katholischen Tradition den wahren Glauben sehe, der zu Gott führt, zu Christus und ins Himmelreich.

In der Tradition findet eine lange, tiefe Sehnsucht Ruhe. Hier begegnet man dem Glauben der Heiligen – von Petrus und Paulus über Benedikt von Nursia, Katharina von Siena, Ignatius von Loyola, Alfons von Liguori, Pius X., bis hin zu den Märtyrern der jüngsten Zeit. Alle Wege, die ich zuvor beschritt, konnten meinen Glauben nicht wirklich nähren. Die katholische Tradition kann es.

Ich bin noch immer geprägt von den Fehlern meiner Vergangenheit, aber ich will sie nicht mehr. Der Römische Katechismus schreibt über den Himmel:

„Die Herrlichkeit aber der Seligen wird unermesslich sein, ungezählt all die Quellen gediegener Freuden und Wonnen.“ Die Sehnsucht unseres Herzens wird voll und ganz befriedigt werden. Die eigentliche Seligkeit „besteht in der Anschauung Gottes und im genussvollen Auskosten der Schönheit dessen, der da ist die Quelle und der Urgrund aller Wesensgüter und Vollkommenheit.“

Das ist die Hoffnung, die die katholische Tradition schenkt: Sie weist uns den Weg zum Himmel und auf die Erfüllung aller Sehnsucht. Es gibt keinen besseren, schöneren und freieren Weg als diesen – einen Weg, der uns frei und heilig macht und uns dankbar vor der Herrlichkeit Gottes knien lässt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Neueste Artikel

Meistgelesen