Dienstag, 19. August 2025

Bernhard von Clairvaux

Der heilige Bernhard von Clairvaux war einer der bedeutendsten Theologen, Mystiker und Kirchenlehrer des Mittelalters. Als Zisterziensermönch und Gründer des Klosters Clairvaux prägte er das geistliche Leben Europas im 12. Jahrhundert entscheidend.

Bernhard wurde 1090 oder 1091 auf Schloss Fontaines bei Dijon in Burgund geboren. Er entstammte dem burgundischen Hochadel: Sein Vater Teszellin war Ritter und Herr des Schlosses, seine Mutter Aletha de Montbard war eine fromme Frau mit tiefem Glauben, die Bernhards religiöse Prägung entscheidend beeinflusste. Als drittes von sieben Kindern zeigte er schon früh eine außergewöhnliche geistige und spirituelle Reife.

Berufung und Gründung von Clairvaux

Er besuchte die Schule von Châtillon, wo er sich sowohl durch sein Wissen als auch durch seine Tugend hervortat. Eine prägende Vision in der heiligen Christnacht, in der ihm das Jesuskind erschien und das Geheimnis der Menschwerdung offenbarte, entfachte seine tiefe Hingabe an Christus und Maria. Der frühe Tod seiner Mutter, als er etwa dreizehn Jahre alt war, erschütterte ihn tief und bestärkte seinen Entschluss, sich ganz Gott zu weihen.

Trotz seiner Talente, seiner äußeren Schönheit und seines gesellschaftlichen Standes entschied sich Bernhard, der Welt zu entsagen. Im Jahr 1112 trat er mit 30 Verwandten und Freunden – darunter vier seiner Brüder – in das Reformkloster Cîteaux ein, das unter der Leitung des heiligen Stephan Harding stand. Bernhards Eintritt bedeutete einen Wendepunkt für das noch junge Zisterzienserkloster.

Schon 1115 wurde Bernhard beauftragt, mit zwölf Mönchen ein neues Kloster zu gründen: Clairvaux. Durch seine Heiligkeit, sein Charisma und seine Gottesliebe zog er viele junge Männer aus Adel und Bürgertum an. Clairvaux wurde bald zum geistlichen Zentrum einer großen Klosterbewegung. Bernhard war mit zahlreichen heiligen und geistlich bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit verbunden, darunter Hildegard von Bingen und der irische Bischof Malachias von Armagh.

Marienfrömmigkeit und Mariologie

Ein zentrales Element von Bernhards Spiritualität war seine tiefe Marienverehrung. Er erwählte Maria zur geistlichen Mutter und machte sie zum Mittelpunkt seiner religiösen Hingabe. Für ihn war sie das vollkommene Vorbild des christlichen Lebens und die Mittlerin aller Gnaden. Seine Schriften, Hymnen und Gebete zeugen von einer innigen Marienliebe und einem theologisch tief durchdachten Verständnis ihrer Rolle im Heilsplan.

Die Marienfrömmigkeit des Mittelalters erlebte unter seinem Einfluss eine Blüte. Bernhard gilt als Autor der letzten Zeile der Antiphon Salve Regina – „O clemens, o pia, o dulcis Virgo Maria“ – ein Ausdruck seiner zärtlichen Hingabe. Seine Marienpredigten sind Meisterwerke spiritueller Tiefe und theologischer Klarheit. Visionen der Gottesmutter, die ihm Trost und Stärkung schenkten, wurden zum Stoff vieler Legenden und Kunstwerke.

Goethe würdigte Bernhard in der Schlussszene seines „Faust“, wo er als „Doctor Marianus“ erscheint – ein Titel, der seine bleibende Bedeutung als Theologe Mariens unterstreicht.

Bernhard war ein glühender Reformator des klösterlichen Lebens und ein unbeugsamer Verteidiger der Kirche. Seine Predigten riefen Menschen zur Umkehr und führten viele zu einer geistlichen Erneuerung. Seine leidenschaftliche Rhetorik war so eindringlich, dass mancherorts Mütter ihre Söhne vor ihm versteckten – aus Sorge, sie könnten sich von seinem Wort zum Klostereintritt bewegen lassen.

Mit unerschrockenem Mut trat er gegen Missstände in Kirche und Gesellschaft auf, bekämpfte Irrlehren – etwa die von Peter Abaelard – und reiste unermüdlich, um die Einheit der Kirche zu bewahren. Wegen seines entschlossenen Auftretens wurde er auch als der „bellende Wachhund Gottes“ bezeichnet.

Der Zweite Kreuzzug

Auf Bitte Papst Eugens III. predigte Bernhard ab 1146 den Zweiten Kreuzzug. Seine leidenschaftlichen Aufrufe bewegten tausende Männer zum Kreuzgang, darunter König Ludwig VII. von Frankreich und Kaiser Konrad III. von Deutschland. Der Kreuzzug selbst scheiterte, und Bernhard wurde dafür heftig kritisiert. Doch er trug die Schuld demütig und sah sie als Teil seines persönlichen Leidensweges mit Christus.

Wegen der Klarheit, Schönheit und Innigkeit seiner Sprache erhielt Bernhard den Ehrentitel Doctor Mellifluus. Seine Werke wie De Diligendo Deo („Über die Liebe zu Gott“) oder die Predigten über das Hohelied sind Meisterwerke mystischer Theologie und bis heute Quellen geistlicher Inspiration. Seine Worte – „süß wie Honig“ – drangen tief in die Herzen der Menschen ein.

Als Teil einer zweiten zisterziensischen Reform leitete Bernhard zwischen 1148 und 1153 eine Überarbeitung des gregorianischen Chorals. Ziel war die Rückkehr zu ursprünglicher Einfachheit und liturgischer Schönheit. Diese Reform prägte nicht nur den Zisterzienserorden, sondern auch andere Gemeinschaften wie den jungen Dominikanerorden. Die Schlichtheit und Tiefe des zisterziensischen Chorgesangs verdanken sich wesentlich Bernhards Einfluss.

Einfluss in Europa

Von Frankreich aus breitete sich der Zisterzienserorden in ganz Europa aus. In Deutschland, England, Spanien, Portugal und Osteuropa wurden Klöster gegründet, die nicht nur religiöse, sondern auch wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung erlangten. Die Zisterzienser trugen wesentlich zur Urbarmachung des Landes, zur landwirtschaftlichen Entwicklung und zur Einführung technischer Neuerungen bei.

Ihre schlichte, funktionale Architektur beeinflusste die Entwicklung der Gotik. Die Klöster wurden zu spirituellen und wirtschaftlichen Zentren und prägten das mittelalterliche Europa nachhaltig.

Bernhard starb am 20. August 1153 in Clairvaux. Bereits 1174 wurde er von Papst Alexander III. selig- und heiliggesprochen. Papst Pius VIII. erhob ihn zum Kirchenlehrer (Doctor ecclesiae). Er wird häufig als „weißer Mönch“ mit Buch dargestellt, Symbol seiner Gelehrsamkeit und Askese. Bernhard ist Patron von Gibraltar und Ligurien und wird bei Anliegen wie Dämonenabwehr, Unwetterschutz und innerer Erneuerung angerufen.

Wirkungsgeschichte des Zisterzienserordens

Seit seiner Entstehung im 11. Jahrhundert und der entscheidenden Prägung durch den heiligen Bernhard von Clairvaux ab 1112 entwickelte sich der Zisterzienserorden zu einem der einflussreichsten monastischen Bewegungen der Kirchengeschichte. Allein zwischen 1115 und 1153 wurden unter Bernhards Leitung 68 Tochterklöster von Clairvaux aus gegründet. Um 1300 gab es weltweit etwa 740 Zisterzienserabteien, davon über 100 im deutschsprachigen Raum. In seiner Hochphase zählte der Orden insgesamt über 1.600 Klöster, verteilt auf ganz Europa – von Irland bis Polen, von Schweden bis Sizilien. Der Orden wurde zu einer tragenden Kraft in der Christianisierung, der wirtschaftlichen Entwicklung und der landwirtschaftlichen Erschließung vormals unbesiedelter Regionen. Mönche entwickelten dabei innovative Methoden wie Wassermühlen, Bewässerungssysteme, Fischteiche und Fruchtwechselwirtschaft.

Die Zisterzienser prägten durch ihre schlichte, lichtdurchflutete Architektur auch die Entwicklung der frühgotischen Baukunst. Ihre Klöster wurden zu wirtschaftlichen, kulturellen und spirituellen Zentren. Viele von ihnen existieren bis heute – etwa Heiligenkreuz (Österreich, gegründet 1133), das älteste durchgehend bestehende Zisterzienserkloster der Welt.

Trotz schwerer Rückschläge in der Neuzeit – insbesondere durch die Reformation, die Französische Revolution und die Säkularisation im 19. Jahrhundert – überlebte der Orden. Im 17. Jahrhundert entstand die Reform der Zisterzienser der strengeren Observanz, besser bekannt als Trappisten. Diese legten besonderen Wert auf Schweigen, körperliche Arbeit und Einfachheit. Bis ins 20. Jahrhundert wuchs dieser Zweig beträchtlich.

Identitätskrise nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil

Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil kam es zu einer großen Identitätskrise. Der Rückgang an Neueintritten war spürbar, besonders in Europa und Nordamerika, wo zahlreiche Klöster überalterten oder mangels Nachwuchs ganz geschlossen wurden. Zwischen 1965 und 1990 schrumpfte die weltweite Mitgliederzahl der Zisterzienser (inkl. Trappisten) von rund 15.000 auf etwa 8.000 bis 9.000 Ordensleute. In vielen Klöstern lag das Durchschnittsalter über 65 Jahren; einige traditionsreiche Abteien – besonders in Frankreich, Belgien und Deutschland – wurden aufgelöst oder mussten mit anderen Gemeinschaften fusionieren.

Im 21. Jahrhundert bestehen weltweit etwa 160 Zisterzienserklöster der allgemeinen Observanz und über 170 Trappistenklöster. Insgesamt zählen beide Zweige rund 4.500 Mitglieder, darunter etwa 2.700 Mönche und 1.800 Nonnen (Stand: ca. 2023). Neue Klöster entstehen auch außerhalb Europas – etwa in Afrika, Asien, Lateinamerika und sogar Australien. Damit wurde der Orden von einem rein europäischen zu einem weltweiten Netzwerk kontemplativer Klöster.

Viele heutige Zisterziensergemeinschaften engagieren sich neben dem monastischen Leben auch in Gäste- und Exerzitienhäusern, spiritueller Begleitung, ökologischer Landwirtschaft, Verlagswesen und der Pflege liturgischer Traditionen. Die lebendige marianische Spiritualität, die Bernhard von Clairvaux dem Orden einprägte, bleibt bis heute eine tragende Säule vieler Häuser.

Festtag: 20. August

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